Das Booser Doppelmaar und seine Entstehung

Die Maare der Eifel sind meist runde, tiefe, von steil abfallenden Hängen eingeschlossene Kessel. Die Maarkessel bilden vorzügliche Sammelbecken für das Niederschlagswasser und sind daher oft von einem See erfüllt oder waren es wenigstens am Anfang kurz nach ihrer Entstehung.

Der Name Maar ist auf diese heutige Seenbildung zurückzuführen, die für die kreisrunden Becken in der Eifel sehr typisch sind. Ist der See schon vor Zeiten verlandet, so wird der Kesselgrund heute von einem Moor eingenommen. Man spricht dann von einem Trockenmaar.
Mit dem Studium dieser auffälligen Erscheinungen hat man sich in der Eifel schon sehr früh beschäftigt. Die Meinungen über die Entstehung der Maare gehen jedoch teilweise auseinander. Man dachte einerseits an Explosionstrichter, andererseits an Einsenkungsgebiete. Neuerdings machen viele Vulkanologen phreatische Prozesse, also die aufdringenden Schmelzen und heißen Gase mit Oberflächenwasser, für die Maarbildung verantwortlich.
In den letzten Jahren konnten phreatische Prozesse bei der Bildung von Maaren im pazifischen Raum beobachtet werden.
Das im Schiefergebirge vorhandene Grundwasser dürfte nicht ausreichen, um phreatische Prozesse auszulösen. Die Wasserzufuhr muss demnach hauptsächlich durch Bäche erfolgen, deshalb liegen die meisten Maare in Tälern. Wenn nur wenig Wasser zuläuft, etwa durch kleine Bäche, finden die Explosionen nahe der Erdoberfläche statt, vielleicht in 30-100 m Tiefe (Abb. 1). Dabei entspricht das Volumen der ausgeworfenen Tuffe etwa der Dimension des trichterförmigen Kessels. Nach dieser Entstehungstheorie könnte das östliche Booser Maar (Unterschemel) entstanden sein.
Anders verläuft die Maarbildung, wenn wasserreiche Bäche in Tuffschlote gelangen (Abb. 2). Das Wasser kann tiefer hinabfließen, und es kommt mehr Wasser mit mehr heißem Gestein in Berührung. Die Explosionen werden heftiger, können aber oft nicht einen Trichter nach oben durchbrechen. Das Nebengestein wird in der Explosionskammer zertrümmert und vom Überdruck durch enge Kamine in mehrere Strahlen hinausgepresst, sodass kilometerweite schmale Tuffbahnen um das Maar herum entstehen.
Zu diesem durch Tuffförderung und Einbrechen des Nebengesteins gekennzeichneten Typ gehören die Maare mit größerem Durchmesser, wie z.B. das Schalkenmehrener Maar, der Mosbrucher Weiher und vielleicht auch das westliche Booser Maar (Oberschemel), sodass hier mehr Wasser zur Verfügung gestanden haben dürfte als bei dem östlichen Booser Maar. Beim westlichen Booser Maar ist ein größerer Bach nicht nachweisbar. Ein kleiner Bach ist jedoch heute noch westlich des westlichen Maares in der Gemarkung “Ahlentälchen"  zu erkennen. 

Die phreatischen Explosionen, durch die der Maarkessel entstanden ist, könnten von diesem kleinen Seitenbach der Nitz ausgelöst worden sein, und zwar zuerst im östlichen Booser Maar (Unterschemel), das als das ältere Maar eingestuft wird. Das westliche Maar entstand aber, nachdem unmittelbar östlich davon sich das Maar Boos-Ost (Unterschemel) gebildet hatte und mit Wasser gefüllt war.
Es ist somit denkbar, dass dessen Wasser oder das aufgestaute Wasser des kleinen Seitenbaches der Nitz in den sich öffnenden neuen Schlot des westlichen Maares (Oberschemel) hineinlief.
In ca. 300 m Tiefe kam es dann zu phreatischen Explosionen, und wegen der Auflast konnte der Überdruck nicht nach oben entweichen. Das Nebengestein wurde zertrümmert und durch enge Kanäle hinausgepresst. Eine Ausbruchstelle war u.a. auch auf Käsberg, wo sich ein Lavastrom bis ins Nitzbachtal ergoss. Über der durch die Explosion entleerten Kammer brach das Dach dann in großen Schollen ein.
Zum geologischen Begriff des Maars gehört nicht unbedingt auch die Wasserfüllung des Maarbeckens, obwohl ein Maarsee sicherlich auffallender und landschaftlich attraktiver ist als ein Trockenmaar, das verlandet oder vermoort ist. Dieser Tatsache verdanken aber einige Maare ihren hohen wissenschaftlichen Wert, denn mithilfe der verschiedenen Ablagerungen auf dem Maarboden lässt sich eine recht genaue Datierung der einzelnen Maarausbrüche gewinnen.
Eine sehr genaue und mit ausgezeichneten Erfolgen eingesetzte Methode ist die Pollenanalyse. In verschwenderischer Fülle produziert die Natur die winzigen Blütenpollen. In ganz besonderem Maße trifft dies für die Windblüter zu, denen vor allem die meisten unserer einheimischen Waldbäume angehören. In den meisten Fällen ist den Pollen nur ein kurzes Leben bestimmt. Wo sie aber in Sumpf oder Moor geraten, bleiben sie, obwohl auch hier ihre Lebenskraft erlischt, in ihrer äußeren Form erhalten. Nach Jahrtausenden von Jahren ist die für jede Pflanze charakteristische Form der Pollenkörner unter dem Mikroskop erkennbar.
Wie Vergleiche bei heute tätigen Vulkanen in der Südsee zeigen, fällt der Beginn der Pollenablagerung sozusagen lückenlos mit dem Ende der vulkanischen Ausbrüche zusammen; denn unmittelbar nach der letzten Eruption bildete sich der Maarsee, auf dessen vulkanischem Grund sich auch bald die ersten Pollenkörner ablagerten. In den Jahren 1948/1949 führte besonders Herbert Straka vom geographischen Institut der Universität Bonn in zahlreichen vermoorten Maaren der Eifel pollenanalytische Untersuchungen durch. Die Untersuchung wurde als Dissertation (wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung der Doktorwürde, Doktorarbeit) im Institut für landwirtschaftliche Botanik der Universität Bonn ausgearbeitet.
Außer dem Booser Doppelmaar wurden auch der Mosbrucher Weiher, das Schalkenmehrener Maar und der Dreiser Weiher in die Untersuchungen einbezogen.


Die Bohrungen im Booser Maar wurden im März 1949 durchgeführt. Insgesamt wurden zwischen 1948 und 1970 an 43 verschiedenen Trockenmaaren der Eifel zahlreiche Bohrungen durchgeführt. Nach der Verknüpfung der pollenanalytischen Befunde mit der schwedischen Geochronologie kann das absolute Alter in Jahrtausenden vor Christus folgendermaßen abgeschätzt werden:

1. Hinkelsmaar, 10.400 Jahre v. Chr.
2. Meerfelder Maar, 9.600 Jahre v. Chr.
3. Laacher See, 9.800 Jahre v. Chr.
4. Mosbrucher Weiher, 9.000 Jahre v. Chr.
5. Gemündener Maar, 8.800 Jahre v. Chr.
6. Weinfelder Maar, 8.500 Jahre v. Chr.
7. Pulvermaar, 8.100 Jahre v. Chr.
8. Westliches Booser Maar, 8.000 Jahre v. Chr.

Nach diesen Untersuchungen sind die Maare der Westeifel (wozu auch das Booser Maar gehört) zum Teil noch jünger als die letzten Bimsausbrüche im Laacher-See-Gebiet, die in die Mitte der Allerödzeit (40. bis 9. Jahrtausend v. Chr.) fallen und bisher allgemein für die jüngsten vulkanischen Ablagerungen in Deutschland gehalten werden.
Es wurde auch versucht, mithilfe von Radiokarbon-Bestimmungen die Maare zu datieren, und zwar an Material aus Bohrungen für die Pollenanalysen.
Die gewonnenen Daten weichen oft von den pollenanalytischen Werten in Richtung auf höhere Alter ab. Es ist auch bekannt, dass durch magnetische Kohlensäure, die während der Tätigkeit der Maarbildung und danach in großen Mengen in die Atmosphäre entwich, der C-14-Gehalt verfälscht wurde, sodass die pollenanalytisch ermittelten Daten die zuverlässigeren sind. Nach der C-14-Methode waren die Untersuchungen des östlichen Booser Maares vieldeutig, sie streuten z.B. zwischen 6.275 und 25.240 Jahren v. Chr.
Bei einem Gespräch mit Prof. Dr. Wilhelm Meyer von der Universität Bonn am 10. November 1987 in der Genovevaburg in Mayen konnte Herr Meyer bestätigen, dass der Ausbruch des westlichen Booser Maares einer der letzten Ausbrüche Mitteleuropas war. Um es genau festzustellen, müssten noch einmal genauere Untersuchungen durchgeführt werden.
Es werden sicherlich mit der Weiterentwicklung der Wissenschaft neue Thesen auftreten. Die Maare der Eifel sind und bleiben also ein großer Anreiz für die Geologen in unserer Heimat.

Mit der Altersbestimmung ist auch die Frage verbunden, ob der Vulkanismus endgültig erloschen ist oder wir nur in einer vorübergehenden Ruhepause leben. Seit der Entstehung des Booser Maares sind nur knapp 10.000 Jahre vergangen. In dem über 500.000 Jahre dauernden vulkanischen Geschehens hat es in der Eifel wahrscheinlich Pausen in der Vulkantätigkeit gegeben, die länger gedauert haben. Jedoch waren die letzten Ausbrüche Gasvulkane, das lässt zumindest eine längere Unterbrechung der Vulkantätigkeit vermuten.
Unter dem Westeifeler Vulkanfeld befindet sich im Erdmantel eine Anomalie (Regelwidrigkeit, abweichend der Normalität), die wahrscheinlich auf Aufschmelzung des Mantelmaterials zurückgeht. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass der Vulkanismus noch nicht endgültig erloschen ist.

Die Frage bleibt offen, ob diese Anomalie noch auf den bis vor kurzem tätigen Westeifel- Vulkanismus zurückgeht oder ob sich dadurch eine neue Mobilisation von Magma andeutet. Bei einer Aufschmelzung von Mantelmaterial muss auch eine Volumenvergrößerung auftreten. Damit hätten wir auch eine Erklärung für die gegenwärtige Hebung des Eifelgebietes im Gegensatz etwa zum Absinken des Westerwaldes. Es gibt also keinen Grund für die Annahme, dass der Vulkanismus in unserem Gebiet erloschen ist.

Bleibt zu hoffen, dass es bei einem evtl. Ausbruch in unserem Gebiet nicht zu so verheerenden Folgen kommt wie beim Ausbruch des Laacher-See -Vulkans vor 11.500 Jahren. Damals wurde das Umland mit 5 km3 Bims zugedeckt.

 

Literatur- und Quellennachweise:

Frechen/Hopmann/Knetsch:

Die Vulkanische Eifel

Kremer und Caspers:

Die Maare der westlichen Vulkaneifel

Meyer, Wilhelm:

Geologie der Eifel

 

Gespräch mit Prof. Dr. Wilhelm Meyer

 

am 10. Oktober 1987 in Mayen

Straka, Herbert:

Zur spätquartären Vegetationsgeschichte der

 

Eifelvulkane

Murawski, H.:

Geologisches Wörterbuch

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