Die Entstehungsgeschichte des Ortes Boos in der Eifel beginnt eigentlich schon mit dem „Gallischen Krieg“. Der römische Konsul Gaius Julius Caesar (100 – 44 v. Chr.) lag mit seinem Heer in Gallien und musste dann im Jahre 55 v. Chr. plötzlich nach Osten aufbrechen, um die Germaneneinfälle am Rhein zurückzuschlagen. Die Legionen der Römer benutzten hierzu die „Alte Römerstraße“, die von der Maas kommend über Lüttich, Verviers, Dahlem, Jünkerath, Hillesheim, Dreis, Boxberg, Kelberg, Boos, Kreuznick, über Mayen Richtung Rhein zum Neuwieder Becken führte (aus:, „Römerstraßen der Rheinprovinz“ von Josef Hagen, 1923). Diese alte Römerstraße führte also in Boos am Schneeberg vorbei. Sie wird auch im Volksmund „die Caesarstraße“ genannt (aus: „Römerstraßen der Vordereifel“ von K. Schumacher, Band I und II, S. 106).

Die Römer kamen jedenfalls wieder, bauten auf dem Schneeberg bei Boos eine römische Straßenwarte (am Standort des heutigen Eifelturmes) und errichteten in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts (Jhds.) hier ein Bergheiligtum (aus: „Spätrömische Höhensiedlungen in Eifel und Hunsrück“ von Karl-Josef Gilles, 1985). Aber besonders wichtig für die Entstehung und Besiedlung des Ortes sind die zahlreichen römischen Gutshöfe und Ansiedlungen am Fuße des Schneeberges im heutigen Ort Boos und um Boos herum. Diese römische Besiedlung ist für über 400 Jahre lang nachgewiesen durch Funde, wie die römischer Münzen von Caligula (Kaiser von 37 – 41 n. Chr.) bis zum Kaiser Honorius (der 423 n. Chr. starb). Wir Booser nehmen auch an, dass wir die Namensgebung unseres Ortes den Römern zuschreiben können. Sehen Sie im Lateinischen einmal nach, dann werden Sie feststellen, dass der Ort - im Mittelalter mit „Bos“ oder auch „Bouis“ geschrieben – ins Deutsche übersetzt, „die Kuh“, „der Ochse“ oder „das Rind“ heißt. Also war Boos für die Römer der Ort oder die Siedlung, wo sie ihre Ochsen und Rinder zur täglichen Fleischversorgung hielten. Wir dürfen natürlich auch annehmen, dass nach Ende der römischen Herrschaft hier in der Eifel, die bestehenden Gutshöfe und Siedlungen weiter Bestand hatten. Die ausgedienten römischen Legionäre wurden oft vor Ort mit Land bedacht und deshalb auch hier bei uns sesshaft.

 

Während der Fanken- und Karolingerzeit, über fast 700 Jahre, bleibt uns die Geschichte und Entwicklung unseres Ortes leider verschlossen, bis eine Urkunde aus dem Jahre 1115 auftaucht. Verdanken kann Boos diese erste urkundliche Erwähnung dem Herzog Simon I. von Oberlothringen (regierte (reg.) von 1115 – 1139). Seit 965 n. Chr., unter Kaiser Otto I., reichte das Gebiet des Herzogtums Lothringen bis an den Rhein. Damit war der Herzog von Oberlothringen nach dem Kaiser auch der Landesherr unserer Eifel. Herzog Simon I. hatte noch zwei Brüder, Gerhard und Dietrich. Diese Beiden beteiligten sich u. a. an den Feldzügen von Kaiser Heinrich V. (reg. von 1106 – 1125), wozu die Brüder ihre Kriegskasse aufbessern mussten. Hierzu besorgte sich Herzog Simon Geld im nahegelegenen Kloster der Abtei Bouzonville. Das liegt in Lothringen zwischen Metz und Trier. Zur Sicherheit für diese Anleihe schenkte Herzog Simon dem Kloster Ländereien in Zissen und Boos. Hier ist mit Sicherheit unser Boos gemeint, denn als geographischer Hinweis wird in der Urkunde weiter erwähnt: „auf dem Plateau in der Eifel, in der Nähe des Laacher See“. Der Schenkungsakt wurde natürlich beurkundet durch den Erzbischof von Metz, Stephan de Bar, und dem Abt des Klosters Bouzonville namens Renier (Reiner). Im Jahre 1179 wurde der Inhalt dieser Urkunde mit sämtlichen Besitzansprüchen des Klosters, also auch der Ansprüche auf die Ländereien in Boos, von Papst Alexander III. mit einer päpstlichen Bulle hinreichend beglaubigt. Die Abschrift dieser Urkunde (das Original ist verschollen) ist 580 mm breit und hat eine Länge von 735 mm. Vorder- und Rückseite sind beschrieben. (Sie liegt im Archiv zu Nancy/ Lothringen, Departements Meurthe et Moselle, unter Signatur B 486, Nr. 34.) Der Ortsname Boos erscheint in der lateinisch verfassten Urkunde als „Bus“; der ebenfalls hier erwähnte Ort Zissen wird „Cissa“ genannt.

 

Die nächste urkundliche Erwähnung verdankt Boos dem Grafen Hermann III. von Virneburg (reg. von 1204 – 1238). Boos gehörte seit 1229 zur Grafschaft Virneburg. Graf Hermann war besorgt um sein Seelenheil, zog sich 1238 zum Sterben ins Kloster Himmerod zurück und schenkte dem Kloster als Dank für seine Aufnahme u. a. auch das Grundstück zu Boos. Dies wurde urkundlich beglaubigt am 25. Dez. 1238 auf der Burg Monreal, die ebenfalls dem Geschlecht der Virneburger gehörte. Auf dieser Urkunde ist Boos wiederum „Bus“ geschrieben. (Die Urkunde befindet sich im LHAK, Best. 96, Nr. 112.)

 

So wie in einigen anderen Gemeinden in der heutigen Verbandsgemeinde Vordereifel, wurde auch in der Gemarkung der Gemeinde Boos im 14. Jhd. Wein angebaut. Dies geht deutlich aus einer Vermächtnisurkunde vom 14. Okt. 1315 hervor, in der ein Johannes aus Mertloch, Dekan der Kirche von Karden, damals seiner Kirche zum Dank den Ertrag seiner Pfründe und zur Feier seines Jahrgedächtnisses von seinen jährlichen Einkünften u. a. „die Frucht des Weines vom Weinberg in Boos“ vermachte. (Dies ist heute zu lesen in „Nova Alemannia – Quellen zur deutschen Geschichte des 14. Jahrhunderts“, S. 66, Nr. 111.)

Aber wo war dieser Weinberg oder das Weinanbaugebiet bei Boos? Nach Deutung und Ursprung des Flurnamens (siehe hierzu auch Heinrich Dittmaier) dürfen wir annehmen, im Flurbereich Schemel: am Rande der Trockenmaare Ober- und Unterschemel. Schemel ist eine Bezeichnung für Wingert (= Weinberg), auch eine Ableitung für Terrasse, also eine obere oder untere Weinbergterrasse. Eine terrassenförmige Bodenstruktur ist heute immer noch an den Hängen der beiden Schemelmaare zu erkennen. Denn bei Bodenbohrungen wurde vor einigen Jahren festgestellt, dass es sich in diesen Bereichen nämlich nicht um gewachsenen Boden handelt, sondern um angelegten und aufgeschütteten.

 

Im Jahre 1339 interessierte sich Erzbischof Balduin von Trier für die Orte Boos und Nachtsheim und zog beide als Lehen in sein Erzbistum ein. Bis 1383 waren die vorgenannten Orte vorübergehend „trierisch“. Nur der gräfliche Wald Etscheid bei Boos (der heutige Staatswald) verblieb weiterhin im Besitz der Grafen von Virneburg. Später gelangte der gräfliche Wald durch Vererbung an den Grafen von Manderscheid und kamen dann letztendlich um ca. 1600 durch Heirat an das Geschlecht der Grafen von Löwenstein-Wertheim im Main-Tauber-Gebiet. (Hierzu später mehr.)

Graf Ruprecht IV. von Virneburg erwarb 1383 die Orte nochmals zurück, aber ca. 200 Jahre später, ab 1593 gelangte das Dorf Boos endgültig zu Kurtrier, wo es bis zur französischen Revolution 1794 als erzbischöfliches Lehen verblieb. Aber nun zurück zu Erzbischof Balduin: Er regierte von 1307 bis 1354 in Trier, baute für sich und um seine Macht und seinen Besitz auszubauen, zahlreiche Burgen und Burghäuser im Erzbistum Trier. Ab dem Jahre 1340 ist auch ein Burghaus zu Boos in den Analen erwähnt. Im Band „DWL (Deutsches Wirtschaftsleben) im Mittelalter“ von Karl Lamprecht finden wir einen Artikel, in dem geschildert wird, dass Erzbischof Balduin über 100 landesherrliche Allodien oder „offene Burgen“ errichten ließ. (Allodien = im mittelalterlichen Recht der persönliche Besitz, das Familienerbgut, im Gegensatz zu Lehen.) An 25. Stelle ist hier das Burghaus zu Boos (hier „Bosse“ geschrieben) erwähnt. Es folgt die Burg zu Monreal sowie die Burg zu Kaldenburne (Kalenborn). Erzbischof Balduin war viel auf Reisen, dazu dienten ihm seine Burgen oder auch Burghäuser zur Unterkunft für sich und sein großes Gefolge. Die Burgen wurden ständig bewohnt und betreut von Burgmannen, waren also immer offen für Fürst und Tross – daher auch die Bezeichnung „offene Burgen“.

Wo stand nun die erzbischöfliche Burg oder das Burghaus zu Boos? Man kann heute hier nur spekulieren und weiter recherchieren. In Boos gab es früher auch den Familiennamen „Burg“, der schon abgeleitet sein könnte von einem Vorfahren, der als Burgmann auf dieser bischöflichen Burg angestellt war. Ein Bartholomäus Burg wurde beispielsweise 1729 in Boos geboren. Der Standort des Burghauses, später Burghof genannt, bleibt aber offen. Auf Spekulationen möchte ich verzichten. Zumindest Größe und Fläche dieses Hofes sind überliefert (LHAK Best. 1 C, Nr. 4348). Der Hof besaß 88 Morgen Ackerland, 30 Morgen Wiese und 12 – 13 Morgen Waldung. Diese Angaben betreffen bereits das Jahr 1789. Bei Gründung und Aufbau des Burghofes war der Besitz mit Sicherheit geringer, denn die Burgmannen sowie später im Pachtverhältnis eingesetzte Hofleute konnten und durften den Besitz durch gute Bewirtschaftung selbstverständlich vergrößern.

Neben dem Burghof sind seit 1578 noch zwei weitere kurfürstliche Höfe in Boos bekannt (LHAK Best. 1 C, Nr. 4352): der sogenannte „Salhof“ und der „Hopfenpetsch“. Wir wissen auch, dass die Witwe des Grafen Joachim von Manderscheid, die Gräfin Magdalena, ständig darum kämpfte, diese Höfe für sich und ihre Töchter zurückzugewinnen, aber vergebens. Die drei Höfe blieben bis zum 12. Feb. 1807 im Besitz des Erzstiftes Trier. Bewirtschaftet wurden sie durch Hofmänner, überwiegend Booser Bürger und Landwirte, die durch langfristige Pachtverträge, meist bis 24 Jahre, die Höfe bewirtschaften konnten und mit Trier über eine sogenannte Kellnerei in Mayen abrechnen mussten. Die Namen dieser Hofmänner oder auch der Pächter sind urkundlich bekannt.

 

Zu den Besitzverhältnissen der Grafen und des Übergangs deren Allodien (Besitztümern) von Virneburg über Manderscheid und letztendlich nach Löwenstein/ Wertheim kann Folgendes erklärt werden: Im Jahre 1545 verstarb der letzte Graf von Virneburg, Graf Cuno, ohne Nachkommen. Seine Witwe Josina verschenkte dann kurz vor ihrem Tod ihrem Patenkind, ebenfalls mit Vornamen Josina, Tochter des Grafen Gerhard von Manderscheid-Blankenheim, die gesamte Grafschaft Virneburg mit allen dazugehörigen Ländereien. Graf Gerhard von Manderscheid übernahm daraufhin die Verwaltung der Grafschaft Virneburg. Die Manderscheider Nachkommen heirateten auch standesgemäß und unter Beachtung wirtschaftlicher Erfolgsaussichten. So ehelichte Graf Dietrich VI. von Manderscheid im Jahre 1593 eine Tochter des Grafen Ludwig II. von Wertheim. Und Ludwig III. von Löwenstein heiratete schließlich 1600 die Elisabeth von Manderscheid, eine Tochter des Grafen Joachim von Manderscheid und der Gräfin Maria Magdalena von Nassau-Wiesbaden und Idstein. Diese Tochter Elisabeth und ihr Ehemann, der spätere Graf Christoph-Ludwig von Löwenstein und Wertheim, kamen dann als Erben in den Besitz der Burg und Grafschaft Virneburg und somit auch an den gräflichen Wald bei Boos, nämlich den Wald Etscheid.

Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass sowohl die Löwenstein-Wertheimer wie auch die Gräfin Magdalena von Manderscheid Protestanten waren und natürlich nichts unversucht ließen, die Einwohner ihrer Grafschaft in den Dörfern zum protestantischen Glauben zu zwingen. So bemühte sich Magdalena auch die Dörfer Boos und Nachtsheim wieder für sich zu gewinnen, um mit Druck den Protestantismus einzuführen. Aber der Trierer Erzbischof und Kurfürst Johann der VII. von Schönberg konnte dies mit Erfolg verhindern. Das Einzige, was der neue Herr aus Löwenstein-Wertheim erreichte: Graf Friedrich-Ludwig verbot im Jahre 1662 alle Wallfahrten in der ehemaligen Grafschaft Virneburg, dabei auch die Wallfahrt zur Kapelle des Hl. Bartholomäus zu Boos, die erst 1657 dem Apostel geweiht worden war.

 

Nun bedenke man, dass der Besitz der ehemaligen Grafschaft Virneburg, die Felder und großen Wälder, für die weit entfernt liegende Herrschaft am Zusammenfluss der Tauber in den Main (für die Löwenstein-Wertheimer) sicherlich nur eine kleine „Nebenerwerbsquelle“ war und auch als unsicheres Territorium eingestuft wurde. Es konnte ja plötzlich von heute auf morgen für die Löwenstein-Wertheimer wieder verloren gehen. Sei es durch Verlehung, Vererbung oder den Verlust durch kriegerische Scharmützel. Also wurde die Situation genutzt, um kurzfristig wirtschaftlich das Meiste aus dem Besitz in der Eifel herauszuholen und in Taler bzw. auch Königstaler umzusetzen. So erging es auch dem gräflichen Wald Etscheid bei Boos. Die heute völlig verschwundene Eisenindustrie in der Eifel erlebte im 16. und 17. Jhd. ihre Blütezeit. Für das Gewerbe notwendige Grundvoraussetzung war u. a. die Lieferung der erforderlichen Holzkohle. Immer mehr Köhler arbeiteten nun in den Wäldern der Grafen, so auch in Boos im Walde Etscheid. Ein Mengenvergleich: Für die Herstellung eines einzigen Wagens Roheisen benötigte man ca. 4 ½ Wagen Holzkohle, die wiederum aus 36 (!) Wagen Holz hergestellt werden mussten. Dies erforderte schließlich eine Fläche von 1 ½ ha Waldbestand! Der unkontrollierte Holzeinschlag und Raubbau ging also im Auftrage der Wertheimer los. Im Jahre 1627 planten die Herren eine umfangreiche und über viele Jahre vorgeplante „Waldverkohlung“ des Waldes Etscheid. Gräfliche Beamten fertigten dazu eine Rentabilitätsberechnung für die Wertheimer an. Der Wald wurde im Jahre 1627 mit 1500 Morgen Waldfläche angegeben. Es gab dann verschiedene Möglichkeiten, die Holzkohle wirtschaftlich günstigst abzuliefern: Entweder durch eigene Fuhrleute aus dem Ort mit Ochsenkarren, die „Kohlkörbe“ genannt wurden und 20 – 23 Zentner Kohle befördern konnten, diese dann an die Hüttenwerke ablieferten oder zu den naheliegenden Häfen transportierten, um auf die Schiffe zu verladen. Oder man verkaufte die Holzkohle bereits im Wald an einen der interessierten Hüttenmeister; damit entfiel zwar dann der beschwerliche Transport, natürlich aber auch der karge kleine Verdienst für die Fuhrleute aus dem Ort. Wäre es bei den Plänen und der Absicht der Wertheimer geblieben, so wäre der Booser Wald Etscheid innerhalb von 30 Jahren kahlgeschlagen!

 

Die Territorialherren und Landesfürsten, die Erzbischöfe von Trier, versuchten aber, diesen Raubbau zu drosseln und die Probleme zu meistern. 1730 verbot der Kurfürst von Trier, Franz-Georg Schönborn, jede Ausfuhr von Holzkohle, auch aus dem Walde Etscheid. Nach wie vor verkauften zwar finanzschwache Gemeinden unter Umgehung des Verbots ohne Genehmigung „unter der Hand“ Holzkohle. Dies blieb aber im Rahmen und der Wald Etscheid somit für Boos erhalten. Die Kohlenbrennerei in den ortsnahen Wäldern brachte jedenfalls den armen Bauern einen kleinen zusätzlichen Nebenerwerb. Im Wald Etscheid erkennt man heute noch unter dem Laub und in der Bodenverformung die ehemaligen Brandstellen dieser zahlreichen Kohlenmeiler. Es dürften in Etscheid ca. 30 – 40 aktive Meiler gewesen sein.

 

Zu den Erwerbsmöglichkeiten der Booser Bürger, als Ackerer (sei es eigenständig oder als Pächter), als Waldarbeiter, Köhler oder als Fuhrmann für den Holzkohletransport zu arbeiten, kam im 18. oder 19. Jhd. der Broterwerb als Bergmann hinzu. Es wurde in der Gemarkung Boos, an der Grenze zu Münk (heute Flur 40, Parzelle 133) ein Bleierzbergwerk erschlossen und betrieben. Wann genau und wie dieses Bergwerk mit Namen „Jung I“ mit dem Abbau begann, entzieht sich leider der genauen Kenntnis aller bergamtlichen Quellen. Es handelte sich um ein Untertage-Bergwerk.

Die Kurfürsten von Trier waren wiederum überwiegend die Betreiber und Gründer der Bergwerke in unserem Bereich. Erzbischof Johann II. von Trier erließ in seinem Bistum bereits im Jahre 1519 eine neue Bergwerksordnung. Urkundlich erwähnt ist, dass Erzbischof und Kurfürst Johann-Philipp von Trier 1756 eine Huldigungsreise von Koblenz über Mayen, Kelberg und in weitere Orte durchführte und dabei speziell sämtliche Gruben und Bergwerke besichtigte. Ob der Erzbischof dabei auch die Grube „Jung I“ bei Boos besichtigte, bleibt unbekannt. Es ist aber vom 07. Dez. 1869 durch das Königliche Bergamt urkundlich belegt: „Auf Grund der Muthung vom 05. Aug. 1869 wird dem Kaufmann Wilhelm Münzel zu Mayen, unter dem Namen Jung I das Bergeigentum in den in den Gemeinden Münk, Lind und Boos, im Kreise Mayen, Regierungsbezirk Koblenz und Oberbergamtsbezirk Bonn belegenem Felde, welches einen Flächeninhalt von 499.800 Quadatlachtern hat und dessen Grenzen am heutigen Tag mit dem Situationsriss bezeichnet sind, zur Gewinnung der in dem Felde vorkommenden Bleierze nach dem Berggesetz vom 24. Juni 1865 hierdurch verliehen.“ (Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Koblenz, Donnerstag, den 13. Jan. 1870, S. 16). (Lachter war ein Längenmaß im Bergbau, hier in diesem Falle waren das 2.188.124,4 qm = 218,8 Hektar.) (Dieses frühere Amtsdeutsch ist reichlich kompliziert formuliert.) Mit anderen Worten: Die Firma Münzel aus Mayen hatte damit die Schürfrechte innerhalb dieses recht großen Areals inne und die Rechte wurden 1893 verlängert (laut Oberbergamt Saarbrücken). Wann der Betrieb eingestellt wurde ist nicht genau bekannt. Der Grund warum er eingestellt wurde, dürfte auf die Unwirtschaftlichkeit des Betriebes zurückzuführen sein. Man denke allein an die weiten Transportwege, in einer Zeit ohne Eisenbahn und LKW, nur mit Fuhrwerken und dann musste stets bis an die Mosel oder den Rhein zu den Schiffen transportiert werden (siehe Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Koblenz, Donnerstag, den 13. Jan. 1870, S. 16).

 

Auch bei uns in Boos hat dann die französische Revolution und damit die sogenannte „Franzosenzeit“ unter Napoleon seine Spuren hinterlassen. Die linke Rheinseite wurde 1798 von Napoleon annektiert und in Departements (Länder), Arrondissements (Bezirke), Kantons (Kreise) und Mairies (Bürgermeistereien) neu eingeteilt. Durch diese Verwaltungseinteilung kam Boos zur Mairie Virneburg. Dies bedeutete: Grafen und Kurfürsten waren entmachtet und ihrer Ländereien enteignet. Am 12. Feb. 1807 wurden auch die drei kurfürstlichen Höfe zu Boos mit insgesamt 122 ha Land und 21 ha Wiesen von der französischen Regierung an meistbietende und möglichst ortsansässige Bürger versteigert. Die Versteigerung brachte insgesamt 9.626 Taler und der Grundbesitz ging u. a. an Paul Molitor aus Boos und dessen Ehefrau Anna-Maria geb. Haubrich, an Friedrich Frein aus Boos und dessen Ehefrau Catharina geb. Adams, an Nikolaus Gilles und dessen Ehefrau Barbara geb. Börder (beide verstorben in Boos). Auch ein Auswärtiger, und zwar Matthias Frank aus Adenau, ersteigerte hier Ländereien, die er aber nicht selbst beackerte, sondern er setzte Pächter ein (nachzulesen in „Edition des Datenmaterials der zu veräußernden Nationalgüter“, Teil II, Rhein-Mosel Departement von 1803 – 1813).

Auch die Franzosen plünderten wieder den Wald Etscheid, der jetzt ihr Wald war, und trieben unkontrollierten Raubbau.

Zunächst gehörte das Dorf Boos durch Napoleons Verwaltungseinteilung zum Kanton (Kreis) Adenau, kam aber im Jahre 1816 an den Kreis Mayen.

 

Zur Entwicklung unseres Ortes Boos können wir selbstverständlich mit einigen Zahlen und Fakten aufwarten: Im Jahre 1759 gab es in Boos 48 Häuser, 34 Scheunen, 40 Ställe, 27 Pferde, 6 Paar Ochsen, 74 Milchkühe (LHAK, Best. 1 C 5, Nr. 4282).

Im Jahre 1787 wurde der Bevölkerungsstand aufgenommen und registriert: Demnach wohnten in Boos 46 Väter, 56 Mütter, 56 Söhne, 67 Töchter, 4 Knechte und 6 Mägde, also insgesamt 235 Einwohner (LHAK, Best. 1 C, Nr. 12937).

1806 hatte Boos schon 292 Einwohner. Laut Katasterplan von 1826 konnte der Ort Boos insgesamt 69 Anwesen entlang den Dorfstraßen aufweisen. Im Kehr waren dies 27, im Hinterdorf mit Gässchen nur 14. Das Mitteldorf war mit 25 Anwesen bebaut und am heutigen Vulkanweg standen 3. In den heutigen Dorfstraßen wie „Im Wehrholz“, „Schulstraße“ oder „Ackerweg“ standen 1826 noch keine Gebäude (LHA Kobern-Gondorf, Best. 730, Nr. 614).

1837 hatte Boos bereits 405 Einwohner, 1870 waren es sogar 430, aber 1890 wieder nur noch 379 Einwohner. Der Rückgang der Einwohnerzahl ist, wie in allen Dörfern der Eifel, begründet durch die große Zahl an Auswanderungen in die USA. Aus Boos sind zwischen 1850 und 1890 gleich 58 Haushalte und noch diverse Einzelpersonen ausgewandert. Auch an der Zahl der Schulkinder kann man dies ermessen: Hatte Boos 1840 noch 117 schulpflichtige Kinder, so waren es 1891 nur noch 81 (Schulchroniken Boos, geführt vom Arnold Krebsbach, Lehrer von 1843 – 1886, und Johann Rausch, Lehrer von 1886 – 1930 in Boos).

Trotz dieser wirtschaftlichen Flaute in den Dörfern der Eifel, steigender Armut und Erwerbslosigkeit im 19. Jhd., die viele Familien zur Auswanderung veranlasste, ist es erstaunlich, was sich dennoch in diesem Jahrhundert für Boos in Bezug auf die Dorfentwicklung alles tat. Von 1826 bis 1834 wurde im „Kehr“ (heute: Kehrstraße 37) ein neues Forsthaus errichtet, nach den Plänen des königlichen preußischen Bauinspektors J. C. von Lassaulx. Dieses „alte“ Forsthaus steht heute noch und ist auch bewohnt. Im Jahre 1836 wurde der Friedhof an der Straße nach Kelberg (dort wo er sich heute noch befindet) neu angelegt. Er befand sich bis dahin in der Dorfmitte und war um die ehemalige Kapelle platziert, die 1837 abgerissen werden musste, um der heutigen Kirche zu weichen. Dieser Kirchenneubau von 1837 bis 1839, ebenfalls nach den Plänen von J. C. von Lassaulx, wurde überwiegend aus einheimischem Material errichtet: Aus Sand, Krotzen, Bruchsteinen aus Booser Gruben und Holz aus dem Gemeindewald. Der Kirchenneubau (Bauherr war ein Linder Landwirt), verschaffte auch vielen Booser und Linder Bürgern einen geringen Nebenerwerb. 1853 wurde dann auch noch eine neue Schule erbaut und 1859 ein neues Pfarrhaus. Architekt der Schule war wiederum Lassaulx. Ab 1868 konnte die Gemeinde Boos den gesamten Ort mit frischem Quellwasser versorgen. Hierzu wurden erstmalig drei Leitungen von den Quellen bis ins Dorf an die Häuser verlegt. 1895 erhielt Boos eine Postagentur. Und innerhalb der Booser Gemarkung wurde der Neubau der Straße nach Monreal begonnen. Die Ortsgemeinden zahlten damals den Neubau einer öffentlichen Verkehrsstraße durch ihre Gemarkung selbst. So konnte es sein, dass die Weiterführung der Straße durch den anderen Ort verzögert oder ganz blockiert wurde. So war es auch bei der Straße nach Monreal. Der Weg nach Welcherath wurde im Jahre 1895 durch die Gemeinde Boos als ordentliche Straße ausgebaut.

Aber nicht nur kommunal, sondern auch im privaten Bereich bewegte sich einiges. Von 1886 bis 1911 kamen im Ort 12 neue Wohnhäuser hinzu. Im „Gässchen“ (heute: Schulstraße), „Auf dem Hüwel“ (heute: Vulkanstraße) und am „Escherweg“ (heute Ackerweg) siedelten erstmals Booser Bürger an und erweiterten damit den Ort.

1895 wurden in der Gemarkung Boos erstmals Grundstücke zusammengelegt, was laut Überlieferung nicht so harmonisch verlief wie die jetzige Flurbereinigung. Bei der 1. Zusammenlegung früher war es sogar erforderlich Polizei und Gerichte hinzuzuziehen.

Im Jahre 1910 wurde außerhalb von Boos (Richtung Kelberg) im Flurbereich „Possert“ ein Sägewerk errichtet: die Firma „Simon & Stephani, Holzhandlung und Dampfsägewerk, Boos (Eifel)“. Später wurde das Werk sogar, um noch wirtschaftlicher und rationeller arbeiten zu können, auf Windkraft umgestellt. Eine sogenannte „Stahlwindturbine“ trieb die Maschinen an. Es ist davon auszugehen, dass das Windrad einen Durchmesser von 7 – 8 Metern hatte. 1921 musste der Betrieb aufgegeben und eingestellt werden. Das Anwesen wurde veräußert.

 

In der Booser Gemarkung liegen die Quellen folgender vier, in der Vordereifel wohl bekannter, Bäche: Nitzbach, Mimbach, Eschbach und Arbach. Ganz selbstverständlich, dass auch Boos seine Mühlen und seine Müller hatte (Erich Mertes, „Mühlen der Eifel, Band I). Bereits 1569 ist die „Plonichen Mühle zu Boeß“ im Besitz des Grafen von Virneburg erwähnt. Im Jahre 1920 brannte dann die letzte Booser Mühle ab. Mitten im Ort, am Lauf des Mimbaches, unweit der Quelle, hatte Boos aber auch eine Lohmühle. Der Hausnahme „Lürsch“ (heute: Hauptstraße 55) besagt uns noch den damaligen Standort der Mühle, die leider am 07. Sep. 1913 abbrannte. Der letzte Lohmüller dieser Mühle war bereits 1888 verstorben, und seine Nachfahren machten dann eine Mehlmühle aus der Anlage. In Boos heißt der Mimbach schon seit eh und je im Volksmund „de Luhbach“, was ebenfalls auf diese ehemalige Lohmühle an dem Bach zurückzuführen ist.

 

Die ortsüblichen und speziell auf den Ackerbau zugeschnittenen Handwerker und handwerklichen Betriebe gab es natürlich auch schon seit dem Mittelalter in Boos. Das waren, wie überall auf dem Lande, vom Hufschmied über den Stellmacher bis zum Besenbinder, alle notwendigen und gefragten Handwerksberufe. Ab dem 19. Jhd. sind uns aber die Handwerker namentlich bekannt (meist durch die kirchlichen Eintragungen und die Schulchroniken der Lehrpersonen) und sollten auch in diesem Beitrag Erwähnung finden: In der ersten Hälfte des 19. Jhds. war in Boos ein Stellmacher namens Johann Krämer (geboren in Salcherath) tätig, ferner ein Schlosser Nikolaus Müller, der Zimmermeister Johann Peter Schäfer (aus Oberwelchenbach nach Boos verheiratet) und (heute noch am bekanntesten) der Schmied Peter Faber (im Kehr). Ein Anton Müller (geb. 1812), der Urahne aller Familien namens Müller in Boos, war von Beruf Nagelschmied. Sein Enkel wiederum, der Johann Müller, übte das Schusterhandwerk aus. Am Anfang des 20. Jhds. sind in Boos noch zwei weitere Schuster erwähnt: ein Schuster Fuchs im „Gässchen“ (heute: Schulstraße) und ein Schuster Peter Schneider (aus der Schulchronik des Lehrers Rausch). 1914 gab es den Stellmacher Johann Josef Retterath, der später nach Heppingen auswanderte, und den Schmied Peter Retterath im „Stich“ mit dem Hausnamen „Höttmattese“. Die Stellmacherzunft starb in Boos aber nicht aus, es folgten mit Hubert Schmitt und Jakob May zwei weitere ortsansässige „Wagner“.

Mit Johann Michels (aus Mannebach) behielt Boos auch nach wie vor eine Schmiedewerkstatt und gleichzeitig den so wichtigen Hufschmied. Zu Anfang des 20. Jhds. hatte Boos gleich zwei Schreinerbetriebe, die Firma Schmitt im „Gässchen“ (heute: Schulstraße) und die Firma Schumacher auf dem „Hüwel“ (heute: Vulkanstraße). Außerdem kennen wir noch den Bauunternehmer Campignier im „Kehr“ und den Schuster Johann Simon im „Hinterdorf“. Von 1934 bis 1950 wurde in Boos eine Molkerei mit Rahmstation betrieben; hier waren ständig bis zu 10 Frauen und Männer aus dem Dorf beschäftigt. Ab 1960 siedelten verschiedene Industriebetriebe in Boos an. Boos hatte auch schon frühzeitig ortsansässige Fuhrunternehmer, die eigene LKWs besaßen und einsetzen konnten. Für die Landwirtschaft sehr wichtig waren die drei Lohndreschereiunternehmer. Alle diese Unternehmer stammten aus Boos.

Hier sollten wir auch nicht vergessen, dass Boos schon immer und noch bis zum heutigen Tag Kolonialwarenläden, Bäckerei und Gaststätten aufzuweisen hatte.

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